ChatGPT: Verletzen KI-basierte Texte das Urheberrecht?
Künstliche Intelligenz, die eigenständig Texte verfasst: Was nach Science-Fiction klingt, ist längst Realität und mit Tools wie ChatGTP auch in der breiten Öffentlichkeit angekommen. Diese Welt voller neuer Möglichkeiten bei der Contenterstellung wirft jedoch auch im Bereich Urheberrecht bis dato unbekannte Fragestellungen für Nutzer:innen auf. Sind Werke einer Künstlichen Intelligenz urheberrechtlich geschützt? Was müssen Sie im Bereich Urheberrecht beachten, wenn Sie selbst KI-basierte Inhalte veröffentlichen um nicht in die Haftungsfalle zu tappen? Welche Rechte stehen Ihnen selbst als Urheber:in zu? Diese und weitere Fragen klären wir im Artikel.
Alles Wissenswerte rund um KI-basierte Tools wie Chat GPT haben wir auch in diesem Video für Sie zusammengefasst:
KI-basierter Content – keine Zukunftsmusik
Das Thema Künstliche Intelligenz und die daraus resultierenden Fragestellungen waren lange etwas, das nur in Fachkreisen besprochen wurde. Durch das KI-basierte Chatbot-Tool ChatGPT hat sich dieser Status jedoch verändert und das Thema ist in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung gerückt. Denn gänzlich neu ist die Idee, Content von einer Künstlichen Intelligenz erstellen zu lassen nicht - verschiedene Unternehmen experimentieren seit Jahren mehr oder weniger erfolgreich mit verschiedenen Textgeneratoren wie Mindverse oder Neuroflash oder auch Bildgeneratoren wie Jasper oder Runway.
Diese Technologien bieten definitiv grosses Potenzial, bergen jedoch auch das Risiko für juristische Konflikte und daraus resultierende Haftung. Das gilt zum einen, wenn Sie die KI-generierten Resultate einer Plattform nutzen, aber auch für die Trainingsdaten, mit denen die Künstliche Intelligenz zu Lernzwecken gespeist wird. Doch bevor wir uns diesen Punkten widmen, ein paar grundsätzliche Erklärungen zu ChatGPT.
ChatGPT – was ist das?
Entwickelt vom US-Konzern OpenAI mischt seit seiner Veröffentlichung im November 2022 nun auch ChatGPT (GPT = Generative Pre-trained Transformer) die Reihen der KI-basierten Tools auf. Der Chatbot arbeitet als textbasiertes Dialogsystem in Form einer Benutzerschnittstelle und basiert auf maschinellem Lernen. Im Rahmen der RLHF-Methode (Reinforcement Learning from Human Feedback oder auf Deutsch: „Lernen durch Bestätigung anhand menschlicher Rückmeldungen“) erfolgte immer wieder eine Revision des Tools, bei der die Ausgaben des Chatbots von Menschen bewertet wurden. Dieses Feedback berücksichtigt ChatGPT für künftige Arbeiten.
ChatGPT: So funktioniert’s
Damit eine Künstliche Intelligenz dazulernt, benötigt sie neben menschlichem Feedback sogenannte Trainingsdaten. Im Fall von ChatGPT bestanden diese Daten vorrangig aus Texten, die von Menschen erstellt wurden, zum Beispiel aus Social Media, Büchern, Zeitungen oder auch Sprachaufnahmen. Auf diese Weise sollte der Chatbot lernen, menschliche Antworten möglichst naturgetreu nachzuahmen.
Als Nutzer:in mit ChatGPT in Kontakt zu treten, ist denkbar simpel: Die KI ist unter einer eigenen Login-Seite erreichbar. Nach der Angabe einiger Daten wie E-Mail-Adresse und Telefonnummer, können Sie direkt mit dem Chatbot in Kontakt treten und verschiedene Textgattungen erstellen lassen – vom Fachartikel über erzählerischen Text bis hin zum Computercode.
Urheberrechtsschutz für KI-basierte Werke?
Wer ein Werk geschaffen hat, die/der hat grundsätzlich erst einmal die Rechte daran. Aber gilt das auch für eine Künstliche Intelligenz? Juristisch betrachtet lautet die Antwort hier: Eher nicht. Denn lassen Sie eine KI Content erstellen, ist tatsächlich äusserst fraglich, wer letzten Endes die Rechte an diesen Inhalten besitzt. Sieht man nur persönliche geistige Schöpfungen als Werk im Sinne des Gesetzes, dann untermauert die These, dass KI-basiertem Content die menschliche Schöpfungskraft fehlt. Damit sind Inhalte, die von ChatGPT erstellt wurden, erst einmal nicht urheberrechtlich geschützt. Auch Ihnen selbst stehen keine Urheberrechte zu, nachdem Sie eine Anfrage an ChatGPT gestellt haben. Denn die Eingabe einer Anfrage in ein Textfenster zählt nicht als schöpferischer Akt.
Urheberrechtsschutz besteht nicht nur für Bild und Text, sondern auch für Werke der Musik. Wie streng diese Regelungen sind, erfuhr ein IT-Dienstleister, der für die musikalische Untermalung eines Mode-Events sorgen sollte.
Andere Interpretationen besagen dagegen, dass durchaus Urheberrechtsschutzbestehen kann, wenn der menschliche Einfluss im Verlauf der Erstellung eines Werks so gross ist, dass diesem eher das finale Resultat zuzuschreiben ist, als dem Chatbot. Eine derart untergeordnete Rolle ist bei ChatGPT jedoch nicht der Fall und es ist davon auszugehen, dass über dieses Tool generierte Texte keinen Schutz geniessen. Doch können Sie als Dritte:r diese Werke dann auch beliebig nutzen?
Freie Nutzung KI-basierter Werke?
Es erscheint so simpel: Sie benötigen einen Text, lassen diesen bequem von ChatGPT erstellen und verwenden ihn anschliessend nach Belieben, zum Beispiel für Ihre Website. Doch hier gilt es zu bedenken, wie der Chatbot die Antworten generiert. Denn die KI baut Texte nicht komplett generisch, sondern erzeugt Inhalte anhand von Trainingsdaten. Im Fall von ChatGPT sind das meist menschengemachte Dokumente und Aufnahmen – und die geniessen durchaus urheberrechtlichen Schutz.
Nutzt ChatGPT diese Daten zu Textgenerierung, stellt das eine Vervielfältigung dar. Konkret äussert sich das entweder in der Verwendung ohnehin vorhandener Textstrukturen oder es stehen abgewandelte Textauszüge am Ende des Prozesses. Greifen Sie nun auf diese Inhalte zurück und laden sie beispielsweise auf Ihre Website, machen sie den Content für andere zugänglich. Zwar mag die Wahrscheinlichkeit, dass eine KI wie ChatGPT rechtlich als Urheber:in eines Werkes eingeordnet wird, gering sein, doch die Ausgaben des Chatbots basieren wie eingangs erwähnt auf menschengemachten Texten.
Angeblich stammen diese nur aus gemeinfreien Quellen oder es wurde die notwendige Lizenz erworben, doch das können Sie in Ihrer Funktion als Nutzer:in nur schwer nachprüfen – nutzen Sie die generierten Texte ohne Prüfung, ergibt sich also ein urheberrechtliches Minenfeld und Rechtsverletzungen aufgrund der unrechtmässigen Verwendung von fremdem Content sind vorprogrammiert.
Kommt es zum Worst Case und Sie erhalten eine Abmahnung, können Sie mit dem richtigen Handeln meist schon Schlimmeres verhindern. Unser Artikel Abmahnung erhalten? So reagieren Sie richtig verrät, worauf es ankommt.
Unsere Empfehlung: Nutzen Sie ChatGPT, um sich die Arbeit zu erleichtern, aber stützen Sie nicht Ihre gesamte Contenterstellung auf dieses Tool. Zusätzlich sollten Sie die Ausgaben des Chatbots regelmässig auf Originalität prüfen, um Plagiatsgefahren zu vermeiden. Das geht zum Beispiel mit kostenlosen Tools wie PlagAware.
Ihr Content als KI-Trainingsdaten: So können Sie sich schützen
Neben der unbedachten Nutzung von KI-generierten Inhalten besteht natürlich auch die Möglichkeit, dass Ihre eigenen Texte als Trainingsdaten für ChatGPT dienen, in der Ausgabe des Chatbots auftauchen und anschliessend unrechtmässig von anderen verwendet werden. Über die Jahre wurden Text und Data Mining weiter liberalisiert. Dabei geht es um die automatisierte Analyse digitaler Werke mit dem Zweck, Muster, Trends und Korrelationen zu gewinnen – ein wichtiger Vorgang, um eine Künstliche Intelligenz mit Trainingsdaten zu „füttern“. Inzwischen ist es auch gestattet, automatisiert über Websites Daten zu kommerziellen Zwecken zu sammeln.
Betreiben Sie zum Beispiel eine Internetseite, können Sie sich zumindest ein Stück weit dagegen in Form eines Opt-outs in maschinenlesbarer Form schützen. Dafür greifen Sie am besten auf eine robots.txt-Datei zurück. Mit ihr teilen Sie Crawlern (Programme, die selbständig das Internet nach Inhalten durchsuchen) mit, welche Teile Ihrer Website Sie lesen dürfen und welche nicht. Eine Anleitung zur Erstellung und Platzierung bietet unter anderem die SEO-Küche. Einen einhundertprozentigen Schutz vor Zugriffen bietet eine solche robots.txt-Datei allerdings nicht. Wenn Sie verstärkt auf Nummer sicher gehen wollen, dann sollten Sie Ihren Webserver mit einem Passwortschutz versehen.
Werden Ihre Texte unrechtmässig verwendet?
Prävention ist gut, doch was tun Sie, wenn Ihr Text bereits Eingang in die Ausgabe von ChatGPT fand und nun unrechtmässig genutzt wird? Online finden Sie eine ganze Palette kostenloser Tools, die Ihnen dabei helfen zu ermitteln, ob Ihre Texte unrechtmässig übernommen wurden. Besonders weit verbreitet ist Copyscape. Dort können Sie die URL Ihrer Website eingeben und das Tool ermittelt, ob Ihr Content an anderer Stelle im Netz auftaucht.
Stellen Sie nun Content-Diebstahl fest, stehen Ihnen verschiedene Optionen zur Verfügung. Im ersten Schritt sollten Sie die Beweise in Form von Screenshots mit Datums- und Zeitangabe sichern. Wünschen Sie eine Löschung der unrechtmässig verwendeten Inhalte, gehen Sie anschliessend mit Bedacht vor: Möglicherweise hat die/der Verletzer:in Ihrer Rechte gutgläubig auf die von ChatGPT generierten Texte zurückgegriffen und ist sich keiner Schuld bewusst. Bitten Sie im ersten Schritt also in aller Ruhe per E-Mail um die Löschung Ihrer Inhalte. Führt dieses Vorgehen nicht zum Erfolg, sollten Sie sich von einer Fachanwältin oder einem -anwalt unterstützen lassen, denn diese:r kann die/den Verletzer:in in Ihrem Namen zur Unterlassung auffordern und Schadenersatz verlangen.
KI-generierter Content: Viel Potenzial, viele Risiken
ChatGPT bietet vielen Branchen von der IT bis hin zum Journalismus die Möglichkeit, sich die Arbeit enorm zu erleichtern. Doch bis drängende Rechtsfragen abschliessend geregelt sind, bestehen zu viele Unwägbarkeiten, die eine vorbehaltlose Nutzung des Tools zu einem hohen juristischen Risiko machen – zu gross sind die Risiken für eine Urheberrechtsverletzung sowie daraus resultierende teure Abmahnungen und Schadenersatzforderungen.
Bis der Gesetzgeber die Regelungen an die neuen Gegebenheiten anpasst, sollten Sie bei Ihren Entscheidungen das bestehende Urheberrecht heranziehen und bei der Nutzung KI-basierter Inhalte grosse Vorsicht walten lassen.
Mit oder ohne ChatGPT: Jetzt gegen Abmahnungen absichern!
Ob aufgrund der Verwendung KI-basierter Inhalte oder einer anderen Unachtsamkeit: Gerät fremder Content unrechtmässig auf Ihre Website, ist das Risiko für eine Abmahnung inklusive teurer Schadenersatzforderung gross. Gut, wenn Sie sich dieser Auseinandersetzung nicht alleine stellen und die Kosten selbst tragen müssen. Mit einer Berufshaftpflicht über exali sind Sie gegen die Folgen von Rechtsverletzungen abgesichert – auch wenn diese durch die Verwendung von KI-Tools verursacht werden.
Dabei prüft der Versicherer bei unklarer Haftungsfrage die an Sie gestellten Ansprüche, wehrt unberechtigte ab und trägt die Kosten für gerechtfertigte Forderungen. Stellen Sie am besten gleich ihren Versicherungsschutz zusammen – unser Kundenbetreuer:innen beraten Sie gern von Montag bis Freitag von 9:00 Uhr bis 18:00 Uhr unter der Telefonnummer +41 (0) 58 255 60 00.
Vivien Gebhardt ist Onlineredakteurin bei exali. Hier erstellt sie Content zu Themen, die Selbständigen, Freiberuflern und Unternehmern unter den Nägeln brennen. Ihre Spezialgebiete sind Risiken im E-Commerce, Rechtsthemen und Schadenfälle, die bei exali versicherten Freelancern passiert sind.