Softwarefehler sorgt für Haftverlängerung: IT-Chaos in US-Gefängnis
14.000 Fehler in Gefängnissoftware
Der Fall aus dem US-Bundesstaat Arizona wurde von einem Whistleblower aufgedeckt. Nach seinen Angaben müssen dort hunderte Häftlinge wegen Softwarefehlern länger als nötig in Haft bleiben. Im November 2019 wurde die Software ACIS für die Gefängnisverwaltung eingeführt, Kostenpunkt 24 Millionen Dollar. Seitdem wurden angeblich mehr als 14.000 Fehler in der Software entdeckt. Und einer sorgt dafür, dass die Häftlinge ihr Recht auf eine frühere Entlassung nicht wahrnehmen können.
Entlassungsdaten falsch berechnet
2019 gab es nämlich eine Gesetzesänderung in Arizona. Demnach können Häftlinge entlassen werden, nachdem sie 70 Prozent ihrer ursprünglichen Strafe verbüsst haben, wenn sie keine Gewalttaten begangen haben und an bestimmten Programmen teilnehmen. Die Häftlinge, die für diese Programme in Frage kommen, soll die Software eigentlich automatisch identifizieren und die neuen Entlassungsdaten berechnen. Doch weder das eine noch das andere funktioniert. Die Probleme mit der Software seien schon seit einem Jahr bekannt, sagt ein Informant, jedoch habe niemand etwas unternommen. Weiter behauptet er, dadurch könnten über 700 Insassen bereits an dem Programm teilnehmen und entlassen werden. Die Gefängnisleitung bestreitet diesen Vorwurf.
Rivalisierende Gang-Mitglieder werden in eine Zelle gesteckt
Hinzu kommt, dass das Problem mit der Haftentlassung nur eines von vielen ist. Auch Module zur Erfassung des Gesundheitszustands der Häftlinge, zur Vermögensverwaltung sowie Religionszugehörigkeit und Zugehörigkeit zu bestimmten Gangs funktionieren nicht. „Wir haben Leute zusammen in Zellen gesteckt, die rivalisierenden Gangs angehören, und es nicht gemerkt“, sagte ein Informant gegenüber dem Radiosender KJZZ. Weiter heisst es, dass die Medikamentenversorgung schwer kranker Häftlinge durch den Softwarefehler nicht gewährleistet sei, zudem seien Disziplinarmassnahmen bei den falschen Häftlingen eingetragen worden. Ausserdem befänden sich eine Million Dollar im Besitz des Gefängnisses, die eigentlich auf Treuhandkonten von Insassen überwiesen werden sollten.
Handarbeit statt intelligente Softwarelösung
Die IT-Firma, die die Software entwickelt hat, arbeite mit Hochdruck an einem Update, so der Sprecher des Gefängnisses. Zwischenzeitlich müssen alle Daten händisch in das System eingetragen werden, Entlassungsdaten werden einzeln von den Mitarbeiter:innen errechnet. Bleibt zu hoffen, dass das Update bald installiert werden kann…
Genauso ist unklar, ob auf die verantwortliche IT-Firma Schadenersatzansprüche seitens des Gefängnisses oder der Häftlinge zukommen. Falls ja, wird es wahrscheinlich teuer: Man denke nur an die horrenden Summen aus vergangenen Schadenersatzprozesse in den USA.
Den kuriosen Schadenfall, den wir im Teaser erwähnt haben, können Sie übrigens hier nachlesen:
IT-Haftpflicht: Moderner und flexibler Schutz für IT und Engineering
Natürlich gehen wir nicht davon aus, dass Sie als Softwareentwickler:in oder IT-Firma dafür sorgen, dass Gefängnisinsassen länger als nötig hinter schwedischen Gardinen bleiben. Trotzdem sollten Sie Ihre Tätigkeit in der IT-Branche gegen eventuelle teure Schadenersatzansprüche absichern.
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